Schlittenfahrten (Prosa)

Mein Geburtsort, das kleine Dorf Gerlamoos, liegt dort, wo der Südhang des Stagors in die breite Tallandschaft des Drautales übergeht. So bin ich ein typischer Übergangsmensch geworden, dem weite, gleichmäßig dahinlaufende Wege wenig Spaß bereiten.

Dazu noch kam ich mitten im Winter, an einem eisigen Jännertag, in den Bereichen des Diesseits an. Meine Tante, die Taufpatin sein sollte, hatte eine heiße Vorliebe für das kleine Freskenkirchlein, das über dem Dorfe mitten im Wald, eingedeckt von alten Fichten steht und bestand darauf, dass ich in diesem Kirchlein getauft werde. Nun war es nicht üblich, außerhalb der Pfarrkirche eine Taufe vorzunehmen und vor und nach mir ist kein Kind mehr in die alte Freskenkirche zur Taufe getragen worden.

Auch ich wurde eigentlich nicht getragen, denn dazu waren die Wege zu eisig, und die Patin fürchtete, mit ihrem Täufling einen Sturz zu tun. So wurde denn ein stabiler Ziehschlitten herbeigeschafft, der alltags der Heulieferung  auf den Bergwegen diente, ich wurde mit meinem weidengeflochtenen Körbchen auf der hölzernen Plattform festgebunden, der Braxvater schnallte seine frisch geschärften Stegeisen an die Schuhe und zog mich so den steilen Bergweg hinauf, während die übrige Taufgesellschaft hinter dem Gefährt den Eisweg hinaufbalancierte.

Nachdem ich in der Kirche den durchaus landesüblichen Namen Sepp erhalten hatte, begann ich meine erste sausende Schlittenfahrt im Kreise der ganzen Taufgesellschaft, die nun auf dem umfangreichen Schlitten Platz genommen hatte. Der Braxvater packte den Schlitten kräftig bei den Hörnern und brachte die ängstlich quietschende Fuhre sicher zu Tal. Ich soll mich dabei durchaus stoisch und unbeeindruckt verhalten haben.

Aber immerhin scheint sich von dieser ersten Ausfahrt etwas in mein Blut gesenkt zu haben, denn als Bub hatte ich eine große Vorliebe für Schlittenfahrten. Ich übte diese Kunst in allen Variationen, auf dem Schlitten sitzend, liegend, stehend, kniend und mit einem Mitreiter auf dem Rücken. Fast sämtlich Teile meines Körpers sind dabei einmal in arge Mitleidenschaft gezogen worden.

In späterer Zeit, als ich das 14. Lebensjahr überschritten hatte, begann ich, diesem schönen Sport neue Reize abzugewinnen. Ich lud mir mit Vorliebe ein Mädchen auf meinen Schlitten. Wenn die Fahrt nun sausend bergab ging und die Funken aus den stählernen Schienen sprühten, legten sich immer zwei Arme haltsuchend um meine männlich fühlen beginnende Brust und zwei spitze Hügelchen pressten sich in durchaus angenehme Weise an meinen Rücken. So kam ich auf legale und unverfängliche Art in den Genuss von Gefühlen, die meinem Alter streng untersagt waren. In aller Unschuld verstand ich es dabei, das Thema verschiedentlich zu variieren. Großzügig trug ich der jeweils Angebeteten an, selbst einmal vorne aufzusitzen und die Lenkung des Gefährtes zu übernehmen, während ich bescheiden am Rücksitz Platz nahm und nun meinerseits im Drange der sausenden Fahrt die Arme um die verlockende Hügellandschaft legte, was meist ein beträchtliches Schwanken des Schlittens zur Folge hatte, und nicht selten in einem genau gezielten Sturz in das weiche Federbett des Schnees endete. Viel konnte bei dieser Art, Mädchen ins Bett zu bringen, ja nicht geschehen, aber meinen damaligen Ansprüchen genügten diese kleinen Zärtlichkeiten. Und da sich die Mädchen nicht ungern zu solchen sturzreichen Schlittenfahrten einladen ließen, blieb mir für mein weiteres Leben doch eine kleine Erkenntnis zurück, die ich ganz gerne genutzt habe.